Am Anfang des 20. Jahrhunderts entsteht in Deutschland eine neue Kunstrichtung, die alle Bereiche der Kunst umfasst: der Expressionismus. Diese jungen Künstler finden die moderne Welt wertlos und rebellieren heftig gegen die kapitalistische Gesellschaft, die Industrialisierung, die Entfremdung und Anonymität der modernen Großstadt. Wie die Farben in der Malerei waren die Formen in der Literatur oft übetrieben. “Jeder Teil des Verses ist, wie jeder Farbenfleck, ein Schrei, ein Ausbruch, eine Explosion” (aus Nicht nur Literatur Neu, Principato).
Das alles finden wir im Gedicht “Der Gott der Stadt” von Georg Heym (1887-1912). Die Ängste und das Chaos der modernen Stadt werden ihm zu einer dämonischen Gestalt. Ein wütender Gott sitzt auf einem Häuserblock, schaut auf die endlose Stadt, hört ihr Chaos, sieht die zahlreiche Fabrikschornsteine, die den Himmel erreichen und wird immer wütender: “Das Wetter schwält in seinen Augenbrauen”. Er kann die Stadt nicht verstehen und schließlich zerstört sie mit Feuer.
Als Einstieg ins Thema sprechen die SuS über das Leben in einer Groß- oder Kleinstadt (Aufgaben 1a und 1b). Sie lesen dann das Gedicht (2) und analysieren das Gedicht (3a). Sie können dann ihre Analyse überprüfen, indem sie ein YouTube-Video zu diesem Thema sehen (3b).
Es ist jetzt Zeit, die Großstadt aus einer anderen Perspektive zu sehen: Alicia Keys bietet eine optimistische, hoffnungsvolle Darstellung der Großstadt in ihrem weltbekannten Lied “New York” (2009). Die SuS lesen und interpretieren auch diesen Text (4a, 4b) und danach vergleichen sie ihn mit “Gott der Stadt” (5a, 5b).
Wie ist es eigentlichen, heutzutage in einer Megastadt zu leben? Welche Probleme, Chancen und Widersprüche gibt es? Das Thema des Lebens in einer Großstadt wird durch ein YouTube-Video vertieft (6a, 6b).
Das ist auch der perfekte Anlass, um über die Frage zu diskutieren, ob Megacitys ein Ort des Chaos, der Anonymität und der Entfremdung oder ein Ort für Karriere und ein besseres Leben sind, was uns zum Sprechen Teil 2 des Goethe-Zertifikats B2 führt (7).
Ich hoffe, dieses Arbeitsblatt zu dem Gedicht “Der Gott der Stadt” von Georg Heym kann für Sie nützlich sein.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Deutschlernen.
Biagio Brunetta
Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.
Georg Heym
Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
Die letzten Häuser in das Land verirrn.
Deutsch lernen mit Der Gott der Stadt und New York
Format: Gedicht / Lied
Titel: Der Gott der Stadt / New York
Autor: Georg Heym / Alicia Keys
Jahr: 1910 (Gedicht) / 2009 (Video)
Niveau: B2
Themen und Wortschatz: Expressionismus, Entfremdung, Träume, Großstadt, Megacitys
Funktionen: Informationen aus einem schriftlichen Text verstehen, einen Text interpretieren, eine Gedichtanalyse schreiben, beim Hörsehen Informationen verstehen, eine Diskussion führen, die eigene Meinung äußern
Angesprochene Fertigkeiten: Lesen, Sprechen, Schreiben, Hören, Hörsehen
Sozialform: Einzelarbeit, Partnerarbeit bzw. Debatte, Plenum
Baby I’m from New York!
Alicia Keys
Concrete jungle where dreams are made of,
There’s nothing you can’t do
Now you’re in New York!
Georg Heym: Der Gott der Stadt (1910-11)
Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.
Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
Die letzten Häuser in das Land verirrn.
Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,
Die großen Städte knien um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.
Wie Korybanten-Tanz dröhnt die Musik
Der Millionen durch die Straßen laut.
Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik
Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.
Das Wetter schwält in seinen Augenbrauen.
Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.
Die Stürme flattern, die wie Geier schauen
Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.
Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust
Und frisst sie auf, bis spät der Morgen tagt.
Georg Heym: Il dio della città
Sopra un blocco di case sta seduto,
Gli cingono la fronte i venti neri,
E guarda irato ove laggiù, sperduti,
Si confondono gli ultimi quartieri.
Accende il rosso ventre, a Baal, la sera,
E le grandi città stanno in ginocchio
A lui d’intorno. Innumeri rintocchi
Salgon dalla marea di torri nera.
Danza di coribanti per le strade
Rimbomba il ritmo della folla. Denso
Di ciminiere e fabbriche a lui sale
Il fumo, come nuvola d’incenso.
Sulle sue sopracciglia il tempo abbuia.
Nella notte sprofonda ormai la sera.
Intorno alla sua chioma, irta di furia,
Come avvoltoio rotea la bufera.
Nel buio tende il pugno suo massiccio.
Lo scuote. Un mar di fuoco avvampa intorno
Per una via. Crepita il fumo arsiccio
E la divora, finché spunta il giorno.
(da: “L’eterno giorno”, traduzione di Paolo Chiarini)
Gedichtanalyse: Der Gott der Stadt
In diesem Video wird erklärt, wie man ein Gedicht analysiert und das Beispiel ist nichts anders als “Der Gott der Stadt”. Ist es nicht eine fantastische Welt, in der wir leben? Sehr gutes und hilfreiches Video.
Alicia Keys: New York
Das Musikvideo von Alicia Keys’ Lied New York, mit dem das Gedicht verglichen wird, finden Sie hier:
Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Georg Heym
Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
Durch eine Straße.
Chinas Megacity Chongqing: Video
Was heißt es eigentlich, in einer Megacity zu leben? Im Video von ZDFheute Nachrichten erzählen Liu Daijun und Liao Yi von ihrem Leben in der chinesischen Megastadt Chongqing. Das Video “Leben und Überleben in Chinas Megacity Chongqing | auslandsjournal” finden Sie hier.
Kurzinterpretation – Instagram Reel
Hier finden Sie meine Kurzinterpretation von “Der Gott der Stadt”:
Arbeitsblatt
Das Arbeitsblatt zu “Der Gott der Stadt und New York” können Sie hier downloaden.
QR-Code zum Download
Zeigen Sie den QR-Code am Smartboard, damit die Schülerinnen und Schüler das Arbeitsblatt direkt auf ihren Handys herunterladen können. So sparen Sie auch Papier und tun der Umwelt und uns allen einen großen Gefallen! 🙂
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