Novalis ( 1772-1801). Die religiöse Erziehung und der frühe Tod seiner fünfzehnjährigen Verlobten Sophie prägten die Jugendjahre des Dichters und ließen in ihm eine tiefe Sehnsucht nach dem Tod entstehen.
Hymnen an die Nacht. Ein Beweis dafür sind seine sechs Hymnen an die Nacht (1797-1800), teils in Prosa teils in reimlosen Rhythmen geschrieben. Wenn die Nacht anbricht, verlässt der Mensch im Schlaf und Traum das Irdische, wendet sich in sein Inneres und kommt in seine ursprüngliche Heimat zurück. Die Nacht ist auch Sinnbild für den Tod, der im christlichen Sinn die Pforte zur Ewigkeit ist, und in dem der Dichter die Möglichkeit der Wiedervereinigung mit seinen geliebten Toten sieht.
Lesen Sie Auszüge aus dem Text der ersten Hymne an die Nacht von Novalis und lösen Sie dazu die Aufgaben. Finden wir auch in modernen Werken das Thema von Liebe und Tod? Das alles finden sie auf diesem Arbeitsblatt.
Biagio Brunetta
Abwärts wend’ ich mich
Novalis
Zu der heiligen, unaussprechlichen,
Geheimnisvollen Nacht –
Fernab liegt die Welt,
Wie versenkt in eine tiefe Gruft,
Wie wüst und einsam ihre Stelle!
Deutsch lernen mit Novalis erster Hymne an die Nacht
Format: Gedicht
Titel: Erste Hymne an die Nacht
Dichter: Novalis
Jahr: 1797-1800
Niveau: B2
Themen und Wortschatz: Literatur, Sehnsucht, die deutsche Romantik, Traum, Liebe, Tod
Funktionen: einen literarischen Text lesen, den Text und die Sprache analysieren, die Motive der Romantik im Text erkennen, den Text mit der modernen Welt vergleichen
Angesprochene Fertigkeiten: Lesen, Sprechen, Schreiben
Sozialform: Einzelarbeit, Partnerarbeit
Text
Welcher Lebendige,
Sinnbegabte
Liebt nicht vor allen
Wundererscheinungen
Des verbreiteten Raums um ihn
Das allerfreuliche Licht –
Mit seinen Strahlen und Wogen,
Seinen Farben,
Seiner milden Allgegenwart
Im Tage?
[…]
Abwärts wend’ ich mich
Zu der heiligen, unaussprechlichen,
Geheimnisvollen Nacht –
Fernab liegt die Welt,
Wie versenkt in eine tiefe Gruft,
Wie wüst und einsam ihre Stelle!
Tiefe Wehmut
weht in den Saiten der Brust.
Fernen der Erinnerung,
Wünsche der Jugend,
Der Kindheit Träume,
Des ganzen langen Lebens
Kurze Freuden
Und vergebliche Hoffnungen
Kommen in grauen Kleidern,
Wie Abendnebel
Nach der Sonne
Untergang.
[…]
Hast auch du
Ein menschliches Herz,
Dunkle Nacht?
Was hältst du
Unter deinem Mantel,
Das mir unsichtbar kräftig
An die Seele geht?
Du scheinst nur furchtbar –
Köstlicher Balsam
Träuft aus deiner Hand,
Aus dem Bündel Mohn.
In süßer Trunkenheit
Entfaltest du die schweren Flügel des Gemüts
Und schenkst uns Freuden,
Dunkel und unaussprechlich,
Heimlich, wie du selbst bist,
Freuden, die uns
Einen Himmel ahnen lassen.
Wie arm und kindisch
Dünkt mir das Licht
Mit seinen bunten Dingen,
Wie erfreulich und gesegnet
Des Tages Abschied.
[…]
Du kommst, Geliebte –
Die Nacht ist da –
Entzückt ist meine Seele –
Vorüber ist der irdische Tag,
Und du bist wieder mein.
[…]
Arbeitsblatt
Mein Arbeitsblatt zu Novalis erster Hymne an die Nacht können Sie hier downloaden.
Quellen
Nicht nur Literatur Neu, Anna Frassinetti, Principato, 2019
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