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Ich kann alleine sein – Julia Engelmann

Ich kann alleine sein – Julia Engelmann

Heute geht es um zeitgenössiche Literatur. In ihrem Gedicht “Ich kann alleine sein” spricht Julia Engelmann (geb. 1992) ein wichtiges Thema an, das Alleinsein. “Ich finde es traurig und schade, wenn jemand glaubt, sich isolieren zu müssen, weil er sich so alleine und unverstanden fühlt.” Was bedeutet es, alleine zu sein? Kann man Glück und Harmonie wieder finden, nachdem uns jemand verlassen hat?

Ich hoffe, dieses Gedicht von Julia Engelmann wird Ihnen inspirieren und beim Deutschlernen helfen. 🙂

Biagio Brunetta


Seit ich weg bin von der Party und dir,
singe ich jetzt schon dieses Lied,
singe, ich kann alleine sein

Julia


Deutsch lernen mit Ich kann alleine sein von Julia Engelmann

Format: Gedicht, YouTube Video
Titel: Ich kann alleine sein (aus Eines Tages, Baby)
Autorin: Julia Engelmann
Jahr: 2014
Niveau: B2
Themen und Wortschatz: Gefühle, Liebe, Alleinsein, erwachsen werden
Funktionen: einen literarischen Text verstehen, analysieren und interpretieren, rhetorische Stilmittel erkennen
Angesprochene Fertigkeiten: Hörsehen, Lesen, Schreiben
Sozialform: Einzelarbeit, evt. Partner- oder Gruppenarbeit, Lehrer-, Video- und Audioinput

Du bist und bleibst mein Rätsel!
…das denk ich, aber sag es nicht.

Julia


Video

Das Video von Laut gedacht mit Julia Engelmann finden Sie hier:

Die Poetry-Slammerin Julia Engelmann spricht über das Alleine sein im Video von Laut gedacht und rezitiert einige Teile aus ihrem Gedicht “Ich kann alleine sein”.


Gedicht

Ich kann alleine sein,
ich kann alleine sein,
Ich kann alleine…
seit ich weg bin von der Party und dir,
singe ich jetzt schon dieses Lied,
singe, ich kann alleine sein.

Die Nacht macht noch vom Dunkel betrunken und
– ohne mit Gewitter zu zucken –
keinerlei Anstalten, dem Morgen zu weichen.
Ich gehe nach Hause
zwischen laternenen Funken,
in meinem Rucksack trag ich Fragezeichen.

Die schwarze Straße hat sich breitgemacht,
schläft jetzt schweigend ihren Rausch aus,
und zwischen Kreuzungen und Seitengassen
tut sich nirgendwo mein Haus auf.

Und ich merke, wie ich gehe,
merke, wie ich mich bewege,
aber mein Leben auf der Stelle steht
und bloß unter mir die Welt sich dreht.

Und unter meinen Füßen ist die Erde ein Laufband,
ich laufe nach vorn, komm trotzdem bloß hier an.
Meine Welt ist ein Zelt, bloß aus ewigem Treibsand,
alles bleibt gleich, ohne Ein-, ohne Ausgang.

Alle Schritte, die ich gehe, sind der Sand in meiner
Sanduhr,
alle Straßen, alle Wege,
alles kommt mir so bekannt vor.
Genau hier –
war ich schonmal letztes Jahr,
ich weiß noch, wie verletzt ich war.
Ich dachte, ich wär weiter,
aber jetzt bin ich schon wieder da.

Und was hab‘ ich nicht alles gemacht seitdem!?

Ich hab neue Berge bezwungen,
hab neue Lieder gesungen.
Bin über Schatten gesprungen,
hab mich zum Lachen gezwungen.
Hab mich zusammengerissen,
um mich neu zu entfalten.
Um langen Atem zu haben,
hab ich Luft angehalten.

Hab mich ins Wasser gestoßen,
um schneller schwimmen zu lernen.
Hab meine Sachen verloren,
um schneller fündig zu werden.

Aber: Alles bleibt dasselbe – ich zum Beispiel.

Ich sehe jeden Tag gleich aus,
lös bei mir selbst keinen Hype aus,
steh dann vorm Spiegel ganz kleinlaut und verharre
mit meinen Augen manchmal
ein bisschen zu lange auf dem,
was hinter mir liegt.

Und alles bleibt dasselbe – ich zum Beispiel.

Und alle Phrasen, die ich jeden Tag sage,
und alle Fragen, die ich jeden Tag habe,
wie die Frage danach, wann endlich alles gut wird.

Und alles bleibt dasselbe – ich zum Beispiel.

Wie eine Spieluhr, die tanzend
immer wieder und wieder und wieder
um sich selber kreist,
immer müder und müder und müder
die Welt anschweigt,
im Takt ihrer Lieder
nur bei sich und dieselbe bleibt.

Alles bleibt dasselbe – ich zum Beispiel.

[…]

Und ich singe,
Ich kann alleine…
Seit ich weg bin von der Party und dir,
war ich noch nie so schlecht darin,
alleine zu sein.

Du hingegen –
du bist nicht alleine – nein!, du bist „unabhängig“.
Du bist ein Peter Pan-Cowboy-Wolf,
dein eigener Instantfan,
du brauchst kein Zuhause,
du kommst überall unter nämlich,
Hauptsache, dein Leben ist nice!, via Instagram.

[…]

Du bist und bleibst mein Rätsel!
…das denk ich, aber sag es nicht.
Und laufe einfach weiter,
während die Nacht längst in den Abend bricht.

[…]

Und ich singe,
ich kann alleine sein,
ich kann alleine…
Seit ich weg bin von der Party und dir
denke ich, dass wir doch wenigstens
zusammen alleine sein könnten.

Aber wenn ich dir meine Hand gebe,
nimmst du sie nicht an,
weil du sagst, dass der, der nichts hat,
auch nichts verlieren kann.

Ja, sehr clever!
Wer nichts hat, kann nichts verlieren –
aber der hat auch nichts!

Und klar:
Was uns Halt gibt, das kann uns fallen lassen,
wer uns liebt, kann uns alleine lassen,
was uns frei macht, schränkt uns doch nur ein,
wenn wir laut sind, woll‘n wir leise sein.

Und ich singe,
ich kann alleine sein,

ich kann alleine sein.
Und ja:
Ich kann alleine sein.
sogar besser, als ich dachte,
auch wenn ich glaube,
dass ich dafür nicht gemacht bin.

Und unter meinen Füßen bleibt die Erde ein Laufband.

Ist schon so viel passiert,
steht trotzdem alles auf Anfang.
Ich drossel das Tempo
und gehe heute mal langsam.
Wenn der Weg doch das Ziel ist –
vielleicht komm ich dann doch an.

Was sonst das Ziel sein könnte?

Ich wäre irgendwann gern stark
und etwas weniger ironisch,
vielleicht ein bisschen mehr bei mir
und nicht ganz so melankomisch.
Ich wäre irgendwann gern alt
und vielleicht ein bisschen weise,
aber ich weiß noch nicht, wie bald
und noch nicht auf welche Weise.
Ich weiß, ich wär gern nicht allein,
und Gesundheit wär vorzüglich,
und ich wünsche mir vor allem,
ich wär ein bisschen glücklich.
Und bis dahin werde ich manchmal an dich denken,
auch wenn du mich vergisst,
und bis dahin werd ich aufhören zu fragen,
wann endlich alles gut wird,
weil längst schon alles gut ist.

Ja – weil nämlich längst schon alles gut ist.



Ich kann alleine sein.
sogar besser, als ich dachte,
auch wenn ich glaube,
dass ich dafür nicht gemacht bin.

Julia


Arbeitsblatt

Das Arbeitsblatt zu den Gedicht “Ich kann alleine sein” von Julia Engelmann können Sie hier downloaden.


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